Quantcast
Channel: newsletter – Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Viewing all articles
Browse latest Browse all 29

Streitwert Übersicht: Unverlangte Zusendung von Email bzw. Newsletter

$
0
0

Welcher Gegenstandswert ist bei einer Unterlassungsklage nach SPAM-Zusendung angezeigt? Die Rechtsprechung ist hier äusserst unterschiedlich und kommt in aktuellen Entscheidungen zu zunehmend geringeren Streitwerten. Aktuell nimmt das OLG Hamm gar einen Streitwert von nur 100 Euro bei einer unverlangt zugesandten Email an – was aber nicht zu verallgemeinern ist.

Hinweis: Dieser Beitrag wird laufend aktualisiert.

Grundsätzliches zu unverlangten Emails

Beachten Se, dass Sie als Unternehmer  nicht einfach so andere Menschen mit ihren werbenden Mails belästigen dürfen – auch wenn Sie glauben, dass Ihre Dienstleistung interessant ist. Dabei besteht ein Unterlassungsanspruch mit dem BGH bereits ab der ersten EMail. Auch wenn jemand bereits bestehender Kunde ist ändert sich das nicht so einfach, der §7 II Nr.3 UWG, der eine Zusendung bei Bestandskunden vorsieht, ist komplexer als er sich auf en ersten Blick liest.

Es reicht übrigens auch kein vermutetes Einverständnis. Unternehmer dürfen einem Verbraucher dabei auch nicht irgendwo im Kleingedruckten versuchen, eine Einwilligung unbemerkt unterzuschieben. Auch können Sie nicht einfach behaupten, der andere habe den Newsletter bestellt – der Versender muss das nicht nur nachweisen, sondern hat sogar eine Pflicht das zu protokollieren.

Beachten Sie unseren rechtlichen Überblick zum Thema SPAM-Mail.

Bei der Streitwertbemessung ist letztlich das Gesamtbild aller Umstände zu Berücksichtigen.

Das OLG Schleswig (1 W 57/08) dazu: Bei der Bestimmung der Höhe des Streitwerts für eine Klage auf Unterlassung der Zusendung von E-mails sind nicht nur die Belästigung im Einzelfall durch das notwendige Durchlesen, Sortieren und ggf. Löschen der E-mails sowie die sonstigen besonderen Umstände des Falles, sondern auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen, die in ihrer Gesamtheit das Ausmaß der Belästigung erst bestimmen, zu berücksichtigen.

Das AG Mühlheim a.d. Ruhr (27 C 2550/10) erkannte darauf, dass im Falle von Spam mit “kleinerem Umfang” auch ein kleinerer Streitwert anzusetzen ist. Dabei wurden im vorliegenden Fall von August bis November 2010 insgesamt 20 E-Mails zugeschickt, die problemlos als Spam eingeordnet wurden. Auch wurde ein Unterlassungsanspruch zugesprochen, aber: Der ursprünglich angesetzte Streitwert in Höhe von 6.000 Euro sei zu viel. Vielmehr sollten hier 500 Euro angemessen sein.

Anders dagegen das Oberlandesgericht Hamm (6 U 95/13), das sich sehr umfangreich mit dem Thema der Streitwertbemessung beschäftigt hat und zum Ergebnis kam, dass jedenfalls im privaten Bereich grundsätzlich ein eher niedriger Streitwert anzusetzen ist während präventive Erwägungen keine Rolle spielen (Streitwert: 100 Euro für den Unterlassungsanspruch):

Während einige Gerichte die Zusendung von E-Mails lediglich mit dreistelligen Werten ansetzen (OLG Karlsruhe, GRUR-RR 2008, 262: 500 € bei einstweiliger Verfügung; KG, JurBüro 2002, 371: 350 € bei einmaliger Zusendung, einstweiliges Verfügungsverfahren; OLG Rostock, Beschluss vom 13.10.208, 5 W 147/08: 300 € bei Telefaxwerbung als Irrläufer, einstweiliges Verfügungsverfahren), gibt es andere Gerichte, die mehrere tausend Euro für angemessen halten. Allerdings betreffen die letztgenannten Entscheidungen – soweit ersichtlich – stets den gewerblichen Bereich und nicht – wie hier – den privaten Bereich (z.B. BGH, VI ZR 65/04, Beschluss vom 30.11.2004, juris: 3.000 €; OLG Koblenz, MDR 2007, 356: 10.000 €, in beiden Fällen bei Versendung an ein RA-Büro, vgl. auch die von der Klägerin angeführten Entscheidungen). Zum Teil wird zur Begründung angeführt, es müsse auch die Breitenwirkung und das häufige Erscheinen solcher Zusendungen berücksichtigt werden (z.B. OLG Schleswig, JurBüro 2009, 256, wohl auch KG, Beschluss vom 27.2.2007, 21 W 7/07 [nicht veröffentlicht], zit. nach OLG Schleswig, aaO.).

Den letztgenannten Ansatz teilt der Senat nicht. [...] Der Senat hat sich bei der Bemessung der Beschwer im vorliegenden Fall an einer Entscheidung des BGH vom 9.7.2004 (V ZB 6/04, NJW-RR 2005, 219) orientiert. In dieser Entscheidung hatte der BGH das Interesse der Kläger an der Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung des Einwurfs von Werbematerial mit 75 € nicht beanstandet und hierzu ausgeführt, das Unterlassungsinteresse der Kläger sei bei einem singulären Vorfall ohne erkennbare Weiterungen kaum messbar.

Ebenso verhält es sich hier. Auch im vorliegenden Falle handelt es sich um einen singulären Vorfall, der auf einem Irrtum beruhte und dessen Wiederholung durch die unstreitige “physische Löschung” der E-Mail-Adresse der Klägerin äußerst unwahrscheinlich geworden ist; präventive Gesichtspunkte können in einem solchen Fall bei der Streitwertfestsetzung gänzlich zurücktreten (ebenso OLG Rostock, aaO.). Zudem ist das Löschen einer einzelnen unerbetenen E-Mail mit einem einzigen Mausklick erledigt und bedarf nur Bruchteile von Sekunden, verursacht also noch weniger Aufwand als die Entsorgung unerbetener Werbung im Briefkasten, die manuell entnommen und anschließend entsorgt werden muss. Auch führt es – anders als bei unerbetenen Faxen – zu keinem Materialverbrauch auf Empfängerseite (zu diesem Gesichtspunkt ebenso OLG Hamm, NJW-RR 2013, 1023). Schließlich kommt im vorliegenden Fall noch hinzu, dass die Beklagte zu 1., der diese Werbe-E-Mail als werbendes Unternehmen in erster Linie zuzurechnen ist, bereits zur Unterlassung verurteilt ist und ein tatsächliches Bedürfnis zu einer zusätzlichen Verurteilung der Beklagten zu 2. und 3. kaum zu erkennen ist (für unterschiedliche Bewertung bei Klage gegen Gesellschaft und Organ auch KG, JurBüro 2011, 90 [nur Leitsatz]).

Solche Rechtsprechung zeigt das Risiko, das man sich als Unterlassungsgläubiger aufbürdet: Selbst bei noch so gefestigter Rechtsprechung muss man mit bösen Überraschungen rechnen. Dabei ist bisher ein derart niedriger Streitwert allenfalls bei einmaligen Versendungen, speziell an Privatpersonen, erkannt worden. Die Gegenwehr gegen unverlangte E-Mail Zusendungen wird vor dem Hintergrund solcher “Überraschungen” unnötig erschwert.

Streitwert-Übersicht Email:

  • BGH (VI ZR 65/04): Einmalige Mail an Rechtsanwalt – 3.000 Euro
  • AG Dresden (114 C 2008/05): Einmaliger Versand an Privatperson – 500 Euro
  • OLG Düsseldorf (15 U 45/06): 2000 Mails an Rechtsanwalt – 50.000 Euro für das Berufungsverfahren
  • LG Dresden (42 HKO 36/09): Newsletter an Rechtsanwalt – 7.500 Euro
  • AG Nürnberg (17 C 1166/05): Einmalige Mail an Rechtsanwalt – 5.000 Euro
  • LG Lübeck (5 O 315/05): Einmalige Mail an einen Rechtsanwalt – 4.000 Euro (im weiteren differenzierend, je nach Häufigkeit und Empfänger)
  • AG Berlin-Schöneberg (17b C 252/04): Einmalige Mail an Rechtsanwalt – 7.500 Euro
  • LG Berlin (16 O 132/07): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 1.000 Euro
  • LG Trier (5 O 18/07): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 7.500 Euro
  • LG Münster (15 O 180/07): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 7.500 Euro
  • AG Berlin-Charlottenburg (228 C 179/05): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 300 Euro
  • OLG Koblenz (14 W 590/06 und 14 W 590/06): Einmalige Mail (unbekannter Empfänger) – 10.000 Euro
  • AG München (161 C 6412/09): Einmalige Mail (unbekannter Empfänger) – 2.500 Euro
  • AG Burgwedel (70 C 161/06): Unverlangter Newsletter (unbekannter Empfänger) – 500 Euro
  • OLG Düsseldorf (15 U 41/04): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 6.000 Euro
  • AG Hamburg-Altona (318b C 369/03): Einmalige Mail an Rechtsanwalt – 10.000 Euro
  • LG Potsdam (2 O 360/06): Einmalige Mail an gewerblichen Empfänger – 4.000 Euro
  • OLG Schleswig (1 W 57/08): Einmalige Mail an Privatperson – 4.500 Euro
  • LG Traunstein (2HK O 3755/97): Massenhafter Mailversand – 100.000 DM
  • AG Nürnberg (19 C 9519/08): 2000 Euro bei einem Newsletter
  • AG Düsseldorf (48 C 1911/09): 3500 Euro bei einem Newsletter
  • OLG Köln (19 W 5/09): 1.500 Euro bei einem Newsletter
  • Ag Heidelberg (27 C 488/08): 3.000 Euro bei einem Newsletter
  • OLG Schleswig (1 W 57/08): 4.500 Euro bei einem einmalig zugestellten Newsletter
  • AG Berlin-Mitte (5 C 1005/11): 2.000 Euro bei Verfahren im einstweiligem Rechtsschutz
  • AG Mühlheim a.d. Ruhr (27 C 2550/10) : 500 Euro bei 20 Emails in ca. 4 Monaten an Unternehmen
  • Oberlandesgericht Hamm (6 U 95/13): 100 Euro bei einer Mail an eine Privatperson

Streitwert-Übersicht Fax:

  • LG Dessau (4 O 497/09): 10.000 Euro bei einem Fax
  • LG Ulm (10 O 102/12): 15.000 Euro bei einem Fax
  • LG Duisburg (11 O 4/11): 6.000 Euro bei einem Fax
  • AG Charlottenburg (207 C 61/11 ): 7.500 Euro bei einem Fax
  • OLG Hamm (1 Sdb 13/05): 5.000 Euro bei einem Fax
  • OLG Hamm (4 W 4/12): 7.500 Euro bei mehreren Faxen
  • AG Kassel (434 C 5332/03): 1.500 Euro bei einem Fax
  • Ag Göttingen (25 C 259/01): 5.000 Euro bei einem Fax

Hinweis: Streitwerte teilweise bezogen auf einstweiligen Rechtsschutz.


Viewing all articles
Browse latest Browse all 29

Latest Images

Trending Articles